Die Nachricht vom Tod eines geliebten und uns nahen Menschen ist eine bodenlose Erschütterung. Binnen weniger Sekunden ist das Leben, wie wir es kannten, vorbei. Traurige Gewissheit über das Unwiederbringliche stürmt auf einen ein, und auch der Körper leidet, wenn das Schlafen, Essen und Trinken nicht mehr gelingen will. Der Tod, gleichgültig ob er unerwartet oder schon lange befürchtet in unser Leben tritt, löst erst einmal einen Schock aus, der das einbrechende Leiden lindert bis wir in der Lage sind, unserer Trauer zu begegnen. Das kann manchmal Wochen, Monate oder gar Jahre dauern.
Nach dem erlittenen Verlust ringen wir zunächst um nicht viel mehr als das bloße Überleben. Für viele ist ein Leben ohne den Verstorbenen (noch) undenkbar, denn wenn ein geliebter Mensch stirbt, wird uns auf schmerzlichste Weise bewusst, wie sehr wir auf den anderen angewiesen waren. Der Verlust wirft existentielle Fragen auf wie "Wer bin ich ohne den anderen?", "Wie soll es weitergehen?", "Wie kann ich das Unaushaltbare aushalten?"
Neben dem Schmerz bringt der Tod eines geliebten Menschen oft auch Einsamkeit mit sich, denn auch die nächsten Freunde und Verwandten wissen nicht immer mit dem Leid umzugehen. Trauer macht viele Menschen sprach- und hilflos, weswegen viele oft lieber schweigen anstatt etwas Falsches zu sagen. Oft wird die Begegnung mit Trauernden überhaupt vermieden und in einer Situation, in der wir mehr denn je Trost und Zuwendung bräuchten erleben wir uns daher nicht selten als mutterseelenallein.
Eingebettet in die Familie und den Kreis der Freunde wird es ein langer Weg zurück ins Leben und heraus aus dem täglichen Gefühlschaos aus Schmerz, Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Behutsame Trauerbegleitung kann ganz allmählich helfen erste Schritte zu tun und wieder erste Zuversicht zu gewinnen. Nach und nach können Ihnen Aspekte Ihrer Persönlichkeit begegnen, die Sie bisher nicht kannten und auch ungeahnte Kräfte entfalten sich, die niemand für möglich gehalten hätte, am wenigsten Sie selbst.
Wie viele Untröstlichkeiten hast Du wohl gesammelt mit den Jahren,
wie viele Bitten für unaussprechlich gehalten in unserer Mitte,
wie viele Male das Sterben vertagt,
mit einem Rest Hoffnung als Kissen in schlaflosem Träumen von Tagen,
die wirtlicher sind.
Ein Sterben wie Deines ist schwer zu ertragen, weil es sagt,
dass mitten im Leben das Morgen Dir schon verloren schien.
Wohin nun mit den Worten, die trösten und stärken,
wohin mit den Gesten, die wärmen und bergen, wohin mit den Farben,
die wir flüstern über wachsendem Grau?
Aus Deinem Sterben stehen so viele Fragen auf.
Auch die eine, die quält.
Haben wir versäumt, Dich zu tragen?
Deine letzte Reise finde ein glückliches Ende.
Heimgekehrt in die Ewigkeit hinter den Formen atme Deine Seele auf.
Heimgekehrt in die Arme dessen, dem kein Schmerz fremd ist,
koste Deine Seele die Ruhe, die Du hier vermisst hast.
Heimgekehrt ins Schauen der Dinge sättige sich Deine Seele an der Liebe,
die niemals endet.
Für alle, die mit ihrem Leben ringen, wie Du gerungen hast,
legen wir diesen Segen wie ein Gebinde aus Blumen an den Fuß jedes Berges,
der nicht zu erklimmen scheint,
in das Getöse jedes Kampfes,
der nicht mehr zu gewinnen ist,
in das Dunkel jeder Ausweglosigkeit,
an der ein Mensch den Mut für das Morgen verliert.
Möge es Dir geschenkt sein, das Leben zu lieben und zu wissen,
dass Du für die Welt kostbar und unverzichtbar bist.
Giannina Wedde, "In deiner Weite lass mich Atem holen"